Nutzen des Internets für Medienmacher liegt noch weitgehend brach

61% der Journalisten beklagen mangelnde Recherchezeit

Weit über die Hälfte der Recherche findet online statt / Über ein Drittel würde als Leser kein Geld für die Online-Ausgabe ihres eigenen Mediums bezahlen

Copyright        © Hans Hinken
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Während das Internet mit Suchmaschinen und E-Mail-Programmen aus dem Journalistenalltag nicht mehr wegzudenken ist, bleibt das Potenzial, das das Netz für journalistische Arbeit bietet, noch zum großen Teil ungenutzt. Das ist eines der Ergebnisse der aktuellen Studie von ResponseSource und Bitkom Research. Mit „Medienmacher 2014 – Recherche, Qualitätsanspruch und Finanzierung im digitalen Alltag“ bieten die Macher hinter der Online-Rechercheplattform ResponseSource.de Einsichten in den Arbeitsalltag deutscher Journalisten.

Befragt wurden über 1.300 hauptberufliche Journalisten aller Mediengattungen im Frühjahr dieses Jahres. Die Studie liefert Einsichten in Rechercheverhalten, Geschäftsmodelle im Journalismus sowie Entwicklungen im journalistischen Rollenselbstverständnis und der Notwendigkeit der persönlichen Markenbildung

 

Recherche – Zeitaufwand und Zeitmangel

Journalisten recherchieren täglich im Schnitt 163 Minuten. Mit umgerechnet 2 Stunden und 43 Minuten entspricht dies in etwa einem Drittel eines achtstündigen Arbeitstages. Nach ihrer Einschätzung gefragt, ob sie genügend Zeit für Recherche hätten, gab mit 61% eine deutliche Mehrheit an, dass sie häufig zu wenig Zeit für weitergehende Recherchen hätten. Nur 19% widersprachen der Aussage und gaben an, dass sie genügend Zeit für tiefgehende Recherchen hätten.

Internetnutzung elementarer Bestandteil des Redaktionsalltags

Bei genauerer Betrachtung der Online-Recherche im Verhältnis zum Gesamtrechercheaufwand zeigt sich, dass sich der Anteil im Vergleich zu 2008 deutlich erhöht (heute 58% im Vergleich zu damals 48%). Auf die Frage, wozu sie das Internet in erster Linie nutzen, gaben 87% der Journalisten das „Beobachten der Nachrichten- und Themenlage“ an, direkt gefolgt von Recherchearbeit, dabei in erster Linie zur Ermittlung von Quellen und Kontaktdaten (85%) sowie zum Einholen von Informationen und Zusatzmaterial (84%). Zur gründlichen Recherche von komplexen Sachverhalten nimmt die Internet-Nutzung mit 76% bereits merklich ab. Weniger häufig nutzen Journalisten das Internet zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit von Quellen (62%) oder zum Bewerten eines Themas (57%).

Digitale Hilfsmittel bei Weitem nicht ausgeschöpft

Suchmaschinen und E-Mail sind mit deutlichem Abstand die wichtigsten Internetdienste für journalistische Recherchearbeiten (93% und 90%). Die Websites von Unternehmen, öffentlichen Behörden sowie von Vereinen und Verbänden erachten nur zwischen 46% und 51% der befragten Journalisten als wichtig für ihre Nachforschungen. Soziale Netzwerke gelten für 29 % der Befragten als wichtig, noch weiter abgeschlagen sind die Websites von Parteien und Politikern mit nur 17%.

„Der deutliche Fokus auf Suchmaschinen und E-Mail zeigt, dass das Internet zwar nicht aus dem Redaktionsalltag wegzudenken ist, die ganze Bandbreite der Online-Recherche allerdings bisher nicht voll ausgenutzt wird. Die Nutzung von Blogs, Foren, Business-Netzwerken und Recherchediensten hat bisher noch keinen festen Platz in der Recherche-Arbeit der Journalisten“, so die Einschätzung von Maria Irchenhauser, bei ResponseSource verantwortlich für den deutschsprachigen Raum.

Die Studie zeigt einen deutlichen altersbedingten Trend in der Nutzung von sozialen Netzwerken. Je jünger die befragten Journalisten, desto höher schätzen sie die Bedeutung von Plattformen wie Facebook, Google+ und Twitter für ihre Recherche ein: 46% bei den unter 35-Jährigen gegen 20% im Alter von 55 bis 65 Jahren betrachten soziale Netzwerke als wichtig für die Recherche. „Die Studie bestätigt unsere Annahme, dass in der Nutzung digitaler Technologien noch viel Potenzial steckt – und zwar nicht nur für die Verbreitung von medialen Erzeugnissen, sondern besonders für die journalistische Arbeit“, so Irchenhausers Einschätzung.

Bezahlen für Journalismus und Finanzierung von Journalismus

Über zwei Drittel (71%) der befragten Journalisten arbeiten für werbefinanzierte Medien, mehr als die Hälfte (54%) arbeitet für Medien, die sich durch den Verkauf der journalistischen Arbeit finanzieren, etwa über Abo, Zeitschriftenhandel und Online-Modelle. Mit 96% gaben fast alle Journalisten an, dass das Medium, für das sie hauptsächlich tätig sind, journalistische Inhalte im Internet zur Verfügung stellt. Die Mehrzahl (64%) veröffentlicht kostenlos und ohne Registrierung, 30%  der Medien setzen teilweise oder komplett kostenpflichtige Modelle ein, wie Freemium, Paywall, Light (geringer Beitrag oder Registrierung) und Kontingent- oder sogenannte „Metered“ Modelle, also Vertriebsformate mit Volumenbeschränkung. Von den befragten Journalisten gaben 38% an, dass sie als Leser für die Online-Ausgabe ihres eigenen Mediums kein Geld bezahlen würden. Nur 44% hingegen signalisierten ihre Zahlungsbereitschaft. „Die niedrigere Bereitschaft, selbst für das eigene Medium online zu zahlen, ist auffallend. Trotz einer Vielzahl verschiedener Modelle scheint es noch nicht gelungen, einen Weg zu finden, über den sich gute Qualität im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt macht“, interpretiert Irchenhauser das Ergebnis. „In der Diskussion um Journalismus in der digitalen Welt liegt der Fokus stark auf der Marktfähigkeit der Produkte. Betrachtet man jedoch den enormen Nutzen, den das Web schon bei der Entstehung journalistischer Arbeit bietet, gibt es noch viel Raum für Qualitäts- und Effizienzsteigerung“ prognostiziert Maria Irchenhauser.

Als eine web-basierte Möglichkeit der Finanzierung stand das Thema Crowdfunding ebenfalls auf dem Fragekatalog der Studie. Diese Art der Finanzierung über eine große Anzahl kleiner Spenden stieß zwar nur bei 11% der befragten Journalisten auf Ablehnung, selbst schon einmal ein journalistisches Projekt über eine Crowdfunding-Plattform mitfinanziert oder selbst ein Projekt ausgeschrieben haben jedoch nur 7% der befragten Journalisten.

Über die Studie

Die Studie „Medienmacher 2014 – Recherche, Qualitätsanspruch und Finanzierung im digitalen Alltag“ erstellte die Bitkom Research GmbH im Auftrag von ResponseSource. Die zugrunde liegende Erhebung wurde zwischen 27. März und 13. April 2014 unter hauptberuflichen Journalisten, die für journalistische Medien in Deutschland tätig sind, durchgeführt. Die Stichprobe umfasst 1.344 Journalisten aller Mediengattungen in Deutschland.

Soziale Medien werden von Journalisten stark genutzt

Social Media

Journalisten veröffentlichen eigene Inhalte in sozialen Medien

  • 79 Prozent der Journalisten publizieren in sozialen Netzwerken oder Blogs
  • Auch große Mehrheit der älteren Medienmacher in sozialen Medien aktiv

 Gut drei Viertel (79 Prozent) aller hauptberuflichen Journalisten in Deutschland verbreiten eigene journalistische Inhalte in sozialen Netzwerken oder Blogs. Das hat eine Umfrage von Bitkom Research im Auftrag von ResponseSource ergeben, bei der 1.344 Journalisten befragt wurden. Danach veröffentlicht fast die Hälfte (49 Prozent) der befragten Journalisten die eigenen Texte, Videos oder Hörfunkbeiträge regelmäßig (immer/häufig) in sozialen Medien und nahezu ein Drittel (30 Prozent) unregelmäßig (gelegentlich/selten). „Soziale Netzwerke und Blogs haben sich zu einem zentralen Instrument für die Verbreitung journalistischer Inhalte im Netz entwickelt“, sagte BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Laut Umfrage publizieren 63 Prozent der befragten Journalisten ihre Arbeitsergebnisse bei Facebook, davon 32 Prozent regelmäßig. Fast die Hälfte (49 Prozent) veröffentlicht eigene Inhalte in Blogs oder Foren, allerdings nur 15 Prozent regelmäßig. 45 Prozent der Befragten verbreiten ihre Erzeugnisse über Twitter (23 Prozent regelmäßig) und 37 Prozent über Google+ (15 Prozent regelmäßig). Ebenfalls 37 Prozent veröffentlichen in dem beruflichen Netzwerk Xing, davon 8 Prozent regelmäßig. 22 Prozent nutzen Linkedin (3 Prozent regelmäßig).

Jüngere Journalisten nutzen soziale Netzwerke und Blogs etwas häufiger als Medium zur Verbreitung von Inhalten als ihre älteren Kollegen. Allerdings sind die Unterschiede nicht gravierend. 87 Prozent der unter 35-Jährigen verföffentlichen ihre journalistischen Erzeugnisse in sozialen Medien, in der Altersgruppe von 35 bis 45 Jahre sind es 85 Prozent. Nur geringfügig unter dem Durchschnitt liegen die 46- bis 55-Jährigen mit 76 Prozent. Und auch in der Altersklasse zwischen 55 und 65 Jahren publizieren 75 Prozent ihre Inhalte in den sozialen Medien.
Hinweis zur Methodik: Im Rahmen der Studie „Medienmacher 2014 – Recherche, Qualitätsanspruch und Finanzierung im digitalen Alltag“ sind im Auftrag der Rechercheplattform ResponseSource 1.344 Journalisten befragt worden. Für die Durchführung war Bitkom Research verantwortlich.

Suchmaschinen und das EuGH-Urteil

Die Privatsphäre ist noch nicht verloren!

Nach dem heutigen Urteil des EuGH wird auf die Suchmaschinenbetreiber einiges an Arbeit zukommen.
Das bedeutet natürlich auch, dass dies möglicherweise mit hohen Kosten verbunden sein wird. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Umsetzung in Europa auch tatsächlich gelingt. Fraglich ist auch, ob in Ländern außerhalb Europas die beantragten Löschungen auch vollzogen werden.

Die Internetgemeinde in Europa wird durch dieses Urteil sowohl mit dem Netz als auch mit dem EuGH und dem Europaparlament ein Stück versöhnter sein.

Ob es sich allerdings auf die Europawahlen am 25. Mai 2014 auswirken wird, bleibt offen.

Hier noch Links zu verschiedenen Artikel zum Urteil:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/eugh-urteil-ueber-google-recht-auf-vergessen-im-netz-12937165.html

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/google-eugh-urteil-zum-recht-vergessen-zu-werden-a-969132.html