Dauerhafte Gegenseitigkeit fördert Kooperation

Die Verhaltensstrategie lässt Fehler zu und fördert dadurch die Zusammenarbeit. Das Verständnis von gegenseitiger Kooperation ist ein Schlüsselelement, um zu verstehen, wie Menschen zusammenarbeiten. Ob Freunde, die sich gegenseitig einen Gefallen tun, Tiere, die Nahrung oder Hilfsleistungen austauschen, oder Nationen, die ihre Politik koordinieren – all das sind im Wesentlichen kooperative Interaktionen. Solche Interaktionen setzen voraus, dass Menschen bereit sind, anderen zu helfen, sich aber auch wehren, wenn sie ausgenutzt werden. Doch welche Regeln sorgen dafür, dass die Zusammenarbeit gedeihen kann, ohne ausgenutzt zu werden?

Spieler verfolgen das Ungleichgewicht der Kooperation in ihrer wiederholten Interaktion.
© MPI für Evolutionsbiologie

Um dieser Frage nachzugehen, setzen Charlotte Rossetti und Christian Hilbe vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön zusammen mit Mitarbeitern des Dalian Institute of Technology (China) auf das sogenannte wiederholte Gefangenendilemma. In einem wiederholten Gefangenendilemma stehen zwei Spielende gleichzeitig vor der gleichen Entscheidung: Sie können einen geringen Preis zahlen, um dem anderen Spieler einen finanziellen Vorteil zu verschaffen, oder nichts tun. Im Idealfall würden beide Spielenden „kooperieren“ und diese Kosten zahlen, damit beide den Vorteil erhalten. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass ein Spieler abweicht, die Kosten nicht trägt, und damit den Vorteil, den der andere Spieler ihm gegeben hat, einsteckt. Wie kann man dieses Spiel so spielen, dass Kooperation möglich ist und eigennütziges Verhalten in Schach gehalten wird?

Ein typisches Beispiel dafür, wie man das wiederholte Gefangenendilemma angehen könnte, ist die Strategie Tit-for-Tat („Wie du mir, so ich dir“). Und tatsächlich kann sich in einer Gesellschaft, in der Menschen Tit-for-Tat verwenden, Kooperation entwickeln und gedeihen, aber mit einem großen Nachteil: Wenn Einzelne manchmal Fehler machen, wird die gegenseitige Kooperation instabil. „Tit-for-Tat ist eine nette Faustregel, die leicht umzusetzen ist und sich sehr menschlich anfühlt. Schließlich basiert sie auf dem alten Sprichwort Auge um Auge“, sagt Charlotte Rossetti vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie. „Aber es ist nicht nachsichtig genug und berücksichtigt nicht die Fehler, von denen wir wissen, dass sie beim Menschen nur allzu häufig vorkommen. Wenn ich aus Versehen einen Fehler mache, obwohl ich eigentlich kooperieren wollte, und dann erst wieder kooperiere, wenn du es auch tust, dann sind wir nicht mehr synchron.“

Kumulierte Gegenseitigkeit

Um diese Schwächen zu beheben, haben die Forscher eine alternative Strategie analysiert, die sie „Cumulative Reciprocity“ oder CURE nennen. Personen, die CURE anwenden, behalten das Ungleichgewicht der kooperativen Aktionen innerhalb einer Interaktion im Auge. Das heißt, sie beobachten in jeder Runde, ob beide Spieler in der Vergangenheit gleich oft kooperiert haben, oder ob dieses Verhältnis zu Gunsten des anderen Spielers aus dem Gleichgewicht gerät. Wenn das Ungleichgewicht null oder niedrig genug ist, schlägt die Strategie vor zu kooperieren. Wenn das Ungleichgewicht jedoch zu groß wird, besteht die Gefahr, dass man ausgenutzt wird. In so einem Fall schlägt die Strategie vor auch eigennützig zu handeln.

Der erste Vorteil der Strategie CURE ist ein praktischer. Durch die Berechnung einer einfachen Zahl (das derzeitige Ungleichgewicht) können die Individuen den gesamten Verlauf der Interaktion berücksichtigen, ohne dass sie das Ergebnis jeder Runde im Detail speichern müssen. Das vereinfacht die Berechnungen erheblich und ermöglicht es den Forschern, das Modell umfassend zu analysieren. Zu diesem Zweck hat das Team um Hilbe und Xia die mathematischen Eigenschaften dieser Strategie untersucht und umfangreiche Computersimulationen durchgeführt. Damit testen sie, wie sich Kooperation in verschiedenen Umgebungen entwickelt. Diese Ergebnisse zeigen, dass CURE die Fähigkeit hat, Fairness zu fördern und gleichzeitig Fehler zuzulassen. Es ist auch in der Lage, sich in einer feindlichen Umgebung durchzusetzen. Selbst in einer Population von Egoisten kann also Kooperation entstehen.

Vorhersage menschlichen Verhaltens

Eine weitere Stärke von CURE ist seine Intuitivität und Einfachheit, die es zu einem guten Kandidaten für die Vorhersage von realem menschlichen Verhalten macht. Um diesen Aspekt genauer zu untersuchen, führte Charlotte Rossetti ein Online-Experiment durch, bei dem die Teilnehmenden die Möglichkeit hatten, mit einer anderen Person um einen kleinen Geldbetrag zu spielen. Die Ergebnisse zeigen, dass CURE die Entscheidungen der Teilnehmenden besser erklärt als andere Regeln, besonders dann wenn das Experiment auch menschliche Fehler simuliert. Die Tatsache, dass Menschen manchmal Fehler machen wenn sie mit anderen interagieren, kann sich nachteilig auf die Zusammenarbeit auswirken. Deshalb muss jedes Modell dies berücksichtigen, das das menschliche Verhalten möglichst genau nachbilden will.

Aus der Psychologie weiß man, dass die meisten Menschen in Freundschaften und anderen engen Beziehungen nicht genau Buch führen, wer wem einen Gefallen schuldet. Stattdessen haben sie ein allgemeines Gefühl dafür, ob die Beziehung fair ist oder nicht. CURE verkörpert dieses Verhalten perfekt. Interessanterweise setzt der Ansatz der Forscher nicht voraus, dass Menschen eine solche Strategie bewusst wählen. Strategien wie CURE können sich im Laufe der Zeit ganz natürlich als einfache Faustregeln herausbilden. Diese Faustregeln helfen dann dabei, eine gegenseitige Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Tagung: „Gut Arbeiten?

Perspektiven auf Verantwortung und Gerechtigkeit in Unternehmen“

Universität Freiburg und Arbeitskulturen-Netzwerk der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde laden zum Auftakt einer Tagung zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion am 10.11.2021

Managementakademien bieten Ethikseminare an, Unternehmen verschiedener Branchen werben damit, dass sie mit ihren Produkten einen Beitrag gegen den Klimawandel oder zu einer besseren Gesellschaft leisten. – Das „moralisch Gute“ scheint in Unternehmen so wichtig wie nie zuvor. Doch was bedeutet das Gute für sie im ganz eigenen Wirkungsbereich innerhalb von Unternehmen und in deren Darstellung nach außen? Wie bewerten und realisieren sie dort ethische Ideale?

Unter dem Titel „Gut Arbeiten? Perspektiven auf Verantwortung und Gerechtigkeit in Unternehmen“ diskutieren am 10. November 2021 Vertreter*innen aus Unternehmen, Gewerkschaften, Beratung und Universität das Thema Verantwortung und Gerechtigkeit in Organisationen. Zentrale Aspekte sind zum Beispiel Arbeitsstandards, Einstellungsverfahren, Formen der Außendarstellung, Konflikte und auch historische Entwicklungen.

Diskussionsteilnehmende sind Björn Beckmann (Schwarzwaldmilch), Reiner Geis (verdi), Corinna Kämpfe (Grünhof) sowie weitere Gäste aus Universität und Unternehmensberatung. Organisiert wird das Podium von der Universität Freiburg und dem Arbeitskulturen-Netzwerk der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde. Die Diskussionsrunde findet im Kollegiengebäude der Universität statt und wird parallel dazu gestreamt; alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

Link zum Stream: https://uni-freiburg.cloud.panopto.eu/Panopto/Pages/Sessions/List.aspx?folderID=38ef2517-c38a-47f7-9638-adce00b24ce5

Das Podium bildet den Auftakt zur Fachtagung „Morality als Organizational Practice“ (11./12. Nov. 2021, online). Hier diskutieren Kulturwissenschaftler*innen ihre aktuellen Forschungen zum Thema. Interessierte sind auch hierzu herzlich eingeladen.

  • Was: Podiumsdiskussion: „Gut Arbeiten? Perspektiven auf Verantwortung und Gerechtigkeit in Unternehmen“
  • Wann: Mittwoch, 10. Nov. 2021, 18.15 Uhr
  • Wo: Universität Freiburg, Platz der Universität 3, Kollegiengebäude I (KG I), Hörsaal 1098 (3G-Regel) 
  • Online-Teilnahme an der Diskussion über Stream: https://uni-freiburg.cloud.panopto.eu/Panopto/Pages/Sessions/List.aspx?folderID=38ef2517-c38a-47f7-9638-adce00b24ce5
  • Online-Teilnahme an der Tagung: Anmeldung: arbeitskulturen@gmail.com, Sie erhalten einen Panopto-Link.

  • Wer: Mit Björn Beckmann (Schwarzwaldmilch Freiburg), Christine Jägle (Personalrat Universität Freiburg), Reiner Geis (verdi-Bezirk Südbaden), Corinna Kämpfe (Grünhof e.V.), Michael Maile (maile & partner / HfWU Nürtingen) und Inga Wilke (Kulturanthropologie Universität Freiburg). Moderation: Sarah May, Stefan Groth.

  • Veranstalter: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Deutsche Gesellschaft für Kulturanthropologie und Volkskunde, Universität Zürich

  • Der Eintritt ist kostenlos.

  • Die Veranstaltungssprache ist in Deutsch.

  • Das ausführliche Tagungsprogramm finden Sie unter: https://organization.dgv-arbeitskulturen.de/

Aikikendo und mitfühlende Präsenz

Wie komme ich zu guten Entscheidungen, die für alle Beteiligten eine WIN-WIN-Situation darstellen?

Was bedeutet emotionale Intelligenz in der Geschäftswelt und wie lässt sie sich in der Kommunikation mit Mitarbeitern und Kunden leben?
Wie kann ich in mir ruhen und gleichzeitig flexibel sein?
Wie halte ich Konzentration und Fokus auf das Wesentliche, ohne mich in Details zu verlieren?

Wie komme ich zu guten Entscheidungen, die für alle Beteiligten eine WIN-WIN-Situation darstellen?

Wenn Sie diese und andere Führungsfragen beschäftigen, kommt das Angebot Aikikendo & mitfühlende Präsenz zum richtigen Zeitpunkt.

  • Sie erfahren sich an diesem Wochenende nicht nur in gelassener Konzentration, sondern begegnen Ihren Übungspartnern in wertschätzendem Dialog auf Augenhöhe – verbal und nonverbal.
  • Sie kommen in Kontakt mit Ihrer inneren Kraftquelle und begegnen der eigenen Wirkmächtigkeit in respektvoller Resonanz mit dem Gegenüber und der Gruppe.
  • Sie erhalten offenes, klares und professionelles Feedback von allen Beteiligten.
  • Sie erleben sich in einem experimentellen Lernfeld und erfahren durch Aikikendo eine angemessene Handhabung des Schwertes aus Holz (Bokken), die Ihre Fähigkeit zur Selbstführung und Führung von Menschen und Organisationen stärkt.
  • Durch Körperübungen und Meditationen vertiefen wir Achtsamkeit und Fokus auf das Wesentliche. Wir laden ein zum respektvollen Umgang im geschützten Raum. Ihre Begleiter sind Öser Bünker, Meditationslehrer, und Hans J. Hinken, Führungskräfte- Coach, die jeder auf dem Gebiet der persönlichen Entwicklung seit über 40 Jahren über professionelle Erfahrungen verfügen. Auf ein Wiedersehen oder eine erste Begegnung freut sich Ihr Trainergespann Öser Bünker und Hans J. Hinken

Termin: 17.09. von 16 h bis 19.09. 2021 um 16 Uhr, Get-Together, Einführung, Workshop

Ort: Hotel Schloss Reinach, D – 79112 Freiburg – Munzingen, St. Erentrudisstr. 12

Teilnahmegebühr: € 640,- inkl. Seminar- Material (Unterlagen & Holzschwert), Seminarverpflegung und 3 x Menü, plus 19 % MwSt.

anmeldung@aikikendo.com

Ihre Begleiter:

Öser Bünker

Öser hatte seit seiner Kindheit den starken Wunsch, in der Welt für Frieden, Gerechtigkeit und Toleranz zu wirken. Als junger Student engagierte er sich zuerst in der Politik, doch die spirituelle Sehnsucht war stärker. Mit 27 begann er mit der Praxis der Meditation und traf bald darauf in Paris den japanischen Zenmeister Taisen Deshimaru (1914 – 82). Nach dessen Tod und auf der Suche nach einem neuen Lehrer traf er den tibetischen Meister Gendün Rinpotsche (1918 – 97), der eine vollkommene Verkörperung von Weisheit und Herzensgüte darstellte. Unter seiner Leitung praktizierte Öser intensiv in einer dreijährigen Meditationsklausur.

Er ist Lehrer (Lama) in der tibetischen Tradition des Buddhismus und unterrichtet seit vielen Jahren den Weg der Meditation und des Geistestrainings. Sein besonderes Interesse besteht darin, die universell gültigen buddhistischen Methoden der Geistesschulung auch für diejenigen zugänglich zu machen, die keine oder eine andere religiöse Anbindung haben. ‚Religion ist jedermanns private Angelegenheit, Ethik und Mitgefühl aber nicht.‘ (Dalai Lama)

Hans J. Hinken

Hans ist Leadership Coach, Team- und Transformationsbegleiter. Er verbindet Resonanz und Tiefgang mit Leichtigkeit und Humor. Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung in der lokalen und globalen Geschäftswelt und in der Schwertkunst aikikendo ist er ein Meister in konzentrierter Gelassenheit. Verankert im systemischen Denken und kreativen Gestalten schätzen Kunden seine Perspektivenvielfalt und sein Einfühlungsvermögen bei komplexen Herausforderungen. Dadurch wird sinnhafte und authentische Selbstführung ermöglicht. Ausgebildet in Psychologie und Pädagogik arbeitete er in den 80er Jahren als Schauspielcoach an internationalen Theatern und fokussiert nun als evolving Partner darauf, Menschen und Organisationen auf Augenhöhe in Richtung innovativer und nachhaltiger Zukunftsfähigkeit zu begleiten. Er verfügt über profunde Kenntnisse und langjährige Erfahrungen im Bereich gelingender Veränderungs- und Transformationsprozesse. Sein Motto teilt er mit Joseph Beuys und Otto Scharmer: «Die gesellschaftliche Verantwortung von der Zukunft her denken.»

Verbale Attacken

Überwinden Sie die Schockstarre

Buchcover contra!

Sie sind perfekt auf Ihre Präsentation, auf Ihr Meeting vorbereitet. Doch dann kommt er: dieser eine verbale Angriff, der Ihnen die Luft nimmt. Aus Schockstarre wird Panik, aus Panik wird Blackout. Alles, was Ihnen noch einfällt, ist ein ausweichendes Herumdrucksen oder eine Rechtfertigung. Erst eine Stunde später fällt Ihnen ein, was Sie sagen hätten können. „Hätte ich doch!“ nagt es noch lange an Ihnen.

Der ungeduldige Kunde

So ging es Martin, Seniorberater im Finanzbereich. Er präsentiert gerne, sein Job macht ihm Spaß. Martin ist stets gut vorbereitet. Auch diesmal, als er vor einem Schlüsselkunden präsentiert. Von Anfang an bemerkt Martin, dass der Kunde genervt wirkt. Mitten in der Präsentation fährt in der Kunde plötzlich an: „Kommen Sie bitte zum Punkt. Bei Ihrem Tempo sitzen wir morgen noch da!“ Martin ist völlig irritiert und weiß nicht, was er sagen soll. Kurzfristig erstarrt er, dann verliert er seinen roten Faden, seine Souveränität kommt ihm abhanden. Hinterher ärgert er sich. Hätte er doch eloquent und sicher reagiert!

Die Biologie des Angriffes

Was Martin erlebt, ist die biologische Reaktion auf Angriffe, wenn wir unerwartet aus der Komfortzone gestoßen werden. Unsere Wahrnehmung ist sofort in Alarmbereitschaft, da unsere Sicherheit bedroht ist. Die erste Reaktion ist Schock –

als würde eine innere Sirene ertönen: AAACHTUNG! Angriff! Dabei ist es nicht relevant, ob der Angriff physisch oder verbal erfolgt. Wir erstarren, die Luft bleibt weg. Es tritt die sogenannte Schrecksekunde ein. Jetzt entscheidet sich, ob wir kämpfen oder fliehen. Der US-amerikanische Psychologe Walter Cannon prägte diese Reaktion als fight-or-flight response. In der Schrecksekunde finden erstaunliche messbare Vorgänge in unserem Organismus statt: Hormone (hauptsächlich Adrenalin und Cortisol) werden ausgeschüttet, Blutzuckerspiegel und Blutdruck sowie Herz-, Puls- und Atemfrequenz steigen. Messbar sind unter anderem auch eine Erweiterung der Pupillen, Kontraktion der Muskeln und ein Anstieg der Milchsäure. Wir sind in diesem Moment ganz darauf eingestellt, unsere Sicherheit wiederherzustellen.

Erst atmen, dann reagieren Aus rhetorischer Sicht ist es wichtig, über diesen biologischen Hintergrund Bescheid zu wissen. So können wir die beste Option wählen und lassen uns weniger zu einer unüberlegten Reaktion hinreißen. Die meisten möchten klug und schlagfertig kontern und vergessen dabei, vorher durchzuatmen, dem biologischen Programm seinen Lauf zu lassen und die Situation einzuschätzen. Doch dafür ist immer Zeit – es sind relevante Sekunden, die uns wieder klare Gedanken fassen lassen. Auch in Martins Fall gilt: Angriff wahrnehmen, durchatmen. Nun kann Martin die Situation einschätzen und reagieren, indem er entweder die Situation bewertet („Offenbar stehen Sie unter Zeitdruck. Bitte geben Sie mir fünf Minuten, damit ich den Kreis schließen kann.“) oder eine deeskalierende Technik wählt („Sehen wir uns gemeinsam an, warum hier eine ausführlichere Erklärung wichtig ist: …“). So fällt Martin nicht Rechtfertigung und hält seinen professionellen Status bei.

Keine Angst vor Sprachlosigkeit

Als Kinder haben wir gerne mit dieser Reaktion gespielt: Zwei sitzen sich gegenüber, jedes Kind bewegt die zusammengelegten Hände vor sich auf und ab. Dann versucht eines, unvermittelt auf die Hände des anderen zu schlagen – das muss natürlich ausweichen. Gelingt das nicht, kassiert man neben einem roten Handrücken auch einen Strafpunkt. Der Reflex ist hier gut wahrzunehmen: Obwohl wir dem anderen ins Gesicht sehen, seine Körpersprache genau beobachten, gelingt ihm doch der eine oder andere völlig unerwartete Schlag. Dann spüren wir den Schock für eine Sekunde physisch – nicht nur, weil der Handrücken wehtut. Vielmehr ist es die Überraschung, die uns kurzfristig die Luft nimmt. Unser biologisches System schaltet sich sofort ein.

Genau dasselbe passiert bei verbalen Attacken. Je nachdem, wie verletzlich wir an der attackierten Stelle sind, desto stärker stellt sich die Schrecksekunde ein. Wer versucht, diese kurze Phase zu übergehen, setzt die darauffolgende Reaktion aus dem Affekt. Er erstarrt, flüchtet oder schlägt blindlings zurück. Die Reue folgt oft auf dem Fuß, denn eine Affektreaktion ist meist nicht die optimale Wahl, weil sie keine bewusste Wahl ist. Sie kann zu einem Verlust des eigenen Status führen, die Sympathie des Publikums kosten oder grobe Schäden in Beziehungen anrichten. Lernen Sie, durchzuatmen, diese Affektreaktion zu überwinden und einen gezielten Konter zu setzen. So sind Sie klar im Vorteil und bleiben auch in kritischen Situationen in Führung. Sie verlieren die Angst vor Sprachlosigkeit, weil Sie wissen, dass Sie Zeit haben, Ihren Konter zu wählen.

Entwickeln Sie Ihren Konter-Stil

Verabschieden Sie sich von dem Gedanken, sofort und schlagfertig reagieren zu müssen. Die wenigsten Menschen sind von Natur aus schlagfertig – schon gar nicht, wenn sie eiskalt erwischt werden. Wichtig ist, dass Sie reagieren. Zeigen Sie, dass Sie den Angriff wahrgenommen haben. Das können Sie durch Blickkontakt und Ihre Körpersprache machen. Geben Sie beim ersten Angriff dem Gegner die Chance, mit Würde aus der Situation zu kommen. Sie brauchen nicht gleich zuzuschlagen! Wer gewieft ist, macht aus einem Angriff auch noch ein Kompliment. Erst wenn Ihr Gegner diese Chance nicht wahrnimmt, verstärken auch Sie Ihre Bandagen.

Authentisches, wirksames Kontern ist eine Stilfrage. So, wie nicht jede Kleidungsfarbe zu jeder Person passt, passt auch nicht automatisch jede Schlagfertigkeitsfloskel. Vergessen Sie also auswendig gelernte Phrasen – arbeiten Sie stattdessen an Ihrem persönlichen Stil. Denken Sie an James Bond: Der Agent ist stets eloquent, meist charmant und hat perfekte Umgangsformen. Dennoch wissen seine Gegner, dass es sehr hart werden kann, sich mit ihm anzulegen.  

Wie kontern Sie wirksam?

#Haltung. Durch Ihre Körpersprache strahlen Sie aus, wie sicher Sie sich fühlen. Zeigen Sie sich aufrecht und offen – so schaffen Sie Vertrauen und demonstrieren Souveränität.

#Stimme. Atmen Sie und sprechen Sie im Ausatmen. So klingt Ihre Stimme tiefer und entspannter – und damit sicherer.

#Mittel. Wählen Sie im ersten Zug die Deeskalation. Fragen Sie nach, stellen Sie klar. Erst dann werden Sie härter.

#Technik. Paraphrase, Zoomtechnik oder dialektischer Ansatz – probieren Sie aus, was zu Ihnen passt.

Iris Zeppezauer, die Autorin des Buches contra!
Iris Zeppezauer

Die Autorin: Iris Zeppezauer steht für exzellente Kommunikation im Business. Sie ist Wissenschaftlerin, Hochschuldozentin und Beraterin. Seit über zehn Jahren coacht sie Persönlichkeiten, die in jeder Situation ihre Meinung klar, aber wertschätzend transportieren müssen. »https://www.sekundeeins.at

Contra!
Angriffe erkennen. Treffend kontern. Wirksam durchsetzen.

1. Auflage BusinessVillage 2021, 240 Seiten

ISBN-Buch   978-3-86980-572-6  19,95 Euro
ISBN-PDF    978-3-86980-573-3  15,95 Euro
ISBN-EPUB  978-3-86980-574-0  15,95 Euro

Was Arbeitnehmer beschäftigt – psychische Gesundheit, flexibles Arbeiten, Diskriminierung und *Gig-Economy

Die Workforce View 2020 befasst sich mit den Einstellungen der Mitarbeiter zur heutigen Arbeitswelt und ihren Erwartungen und Hoffnungen für den Arbeitsplatz der Zukunft

Deutschland Spitzenreiter hinsichtlich gefühlten Stresses

Zu viel Stress kann schnell zu schwerwiegenderen psychischen Gesundheitsproblemen führen. Diese kosten die Weltwirtschaft laut der Weltgesundheitsorganisation jedes Jahr 1 Billion US-Dollar an verlorener Produktivität und belaste gleichzeitig das Gesundheitswesen und die Gesellschaft. Arbeitnehmer in Deutschland geben am häufigsten an, dass sie bei der Arbeit oft Stress empfinden. Angestellte in Frankreich und den Niederlanden tun dies am seltensten. 25% der Deutschen hätten ein Problem damit, jemandem am Arbeitsplatz von einer psychischen Erkrankung zu erzählen.

Flexibles Arbeiten

Vor der Pandemie sagten lediglich 16% der deutschen Arbeitnehmer, dass geschäftliche Anforderungen das Arbeiten außerhalb der Geschäftszeiten schwierig gestalten und doch fühlten sich nur 26% in der Lage, flexible Arbeitsregelungen zu nutzen. 31% hätten es vorgezogen, weniger Tage pro Woche, dafür aber mehr Stunden am Tag zu arbeiten. Das Interesse an dieser Option war in Deutschland am größten, dicht gefolgt von Großbritannien. Die traditionellen Arbeitspraktiken, von neun bis fünf im Büro zu sein, wurden durch die Pandemie außer Kraft gesetzt und Arbeitgeber gezwungen, die Arbeitsmethoden anzupassen. In dieser Hinsicht hat COVID-19 neue Impulse für flexibles Arbeiten gegeben. Es mag sich aus der Notwendigkeit heraus ergeben, aber dieser Wandel könnte durchaus Bestand haben, auch wenn die Büros wieder flächendeckend geöffnet werden.

Jeder dritte Arbeitnehmer fühlt sich benachteiligt

31% der deutschen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fühlten sich bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber schon einmal diskriminiert. Ganze 48% der deutschen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sehen bei ihrem Arbeitgeber einen Bedarf für die Berichterstattung über Lohnunterschiede. Nur 37% der Deutschen hätten kein Problem damit, im Fall einer Diskriminierung am Arbeitsplatz eine Beschwerde einzureichen.

Arbeitnehmer bevorzugen Festanstellungen trotz schnell wachsender Gig-Economy

81% der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden eine Festanstellung einer Tätigkeit als Freiberufler oder Vertragsarbeiter vorziehen. Unabhängige Selbstständige in Deutschland sagen eher als in anderen Ländern Europas, dass sie keine gute klassische Stelle finden können (45%). 42% der Arbeitnehmer sind der Auffassung, dass sie in der Gig-Economy nicht genug verdienen würden, um komfortabel leben zu können. 

Daten und Methodik

Die Workforce View 2020 befasst sich mit den Einstellungen der Mitarbeiter zur heutigen Arbeitswelt und ihren Erwartungen und Hoffnungen für den Arbeitsplatz der Zukunft. Das ADP® Research Institute hat zwischen dem 29. Oktober 2019 und dem 6. Januar 2020 32.442 Arbeitnehmer aus aller Welt befragt:

  • 15.274 in Europa (Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Polen, Spanien, Schweiz und Großbritannien)
  • 3.811 in Nordamerika (USA und Kanada)
  • 5.723 in Lateinamerika (Argentinien, Brasilien und Chile)
  • 7.634 im Asien-Pazifik-Raum (Australien, China, Indien und Singapur)

Die Umfragen wurden online in der jeweiligen Landessprache durchgeführt. Die globalen Ergebnisse sind gewichtet, damit sie die Größenordnung der arbeitenden Bevölkerung in jedem Land berücksichtigen.

Da die Forschung vor dem weltweiten Ausbruch von COVID-19 durchgeführt wurde, spiegeln die Ergebnisse nicht die Ansichten über die möglichen Auswirkungen wider. Das ADP® Research Institute führte eine zusätzliche Umfrage zu den wichtigsten Themen durch. Beide Teile der Studie finden Sie unter de-adp.com/wfv2020.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gig_Economy

Über ADP (NASDAQ – ADP)

Mit innovativen Produkten und mehrfach ausgezeichneten Services gestalten wir eine zukunftsfähige Arbeitswelt, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber dabei unterstützt, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. HR, Talentmanagement, Payroll und Compliance – datengestützt und für Menschen entwickelt. ADP – Always designing for people. Weitere Informationen finden Sie unter www.de-adp.com.

ADP, das ADP-Logo und ADP® Research Institute sind Marken von ADP, Inc. Alle anderen Marken sind Eigentum der jeweiligen Inhaber. Copyright © 2020 ADP, Inc

Agile Werte leben – eine Rezension von Hans Hinken

Mit Improvisationstheater zu mehr Selbstorganisation und Zusammenarbeit

Buchcover "Agile Werte leben" von Robert Wiechmann und Laura Paradiek

Inhaltsangabe

Die Autor*innen beschreiben in ihrem aufmunternd lesenswerten und informativen Sachbuch den Spagat zwischen dem theoretischen Konzept der agilen Werte und dem praxiserprobten Improvisationstheater, um den Werten Leben einzuhauchen.
Es wendet sich gleichsam an interessierte, experimentierfreudige Laien und an Experten aus den Bereichen Führung, Training, Coaching, Teambuilding und Personal, die nicht weniger entdeckerfreundlich sein sollten.

Denn das Buch ist aufgebaut wie eine Heldenreise, gegliedert in die Kapitel: Die alte Welt // Ruf zum Abenteuer // Das Abenteuer beginnt // Die neue Welt.

Zwei Welten treffen hier aufeinander und gehen eine erstaunliche Verbindung ein, die in einen Praxisleitfaden münden, der konsequent und inhaltlich verzahnt die 5 Scrum-Werte auf Basis des agilen Manifests beschreiben – Respekt, Mut, Fokus, Offenheit und Commitment – ergänzt durch die Erfahrungswerte Vertrauen, Kommunikation und Feedback.

Dieses Buch bietet den Lesern Warm-up Methoden, Assoziations- und Auflockerungsübungen und Improvisationstheatertechniken, die leicht in eigene Trainingskontexte integriert werden können. Es bietet 64 auffordernde Impro-Übungen an zu den Werte-Themen: Sei mutig // Sei offen // Sei selbstverpflichtend // Sei vertrauensvoll // Sei fokussiert // Sei respektvoll // Sei kommunikativ // Gib und hole dir Feedback.

Ich habe selten ein solch fundiertes, spielfreudiges Buch gelesen, das mich sogleich mit Inspirationen zur konkreten Umsetzung animiert hat.

Informationsdichte

Kompakt und mit vielen Praxistipps gespickt wird im Theorieteil der Wert von Werten im agilen Kontext beschrieben und verdeutlicht, welche Rolle Mindset, Team und Kultur im Transformationsprozess von Unternehmen und Organisationen spielen. Hier wird ein vertiefender Einblick in komplexere Zusammenhänge geliefert, der an manchen Stellen weiter ausgeführt werden könnte. Dafür entschädigt die Fülle an Übungen des Impro- Theaters, die in jedweden Kommunikationskontext eingebracht werden können.

Visuelle Aufbereitung / Gestaltung

Auf dem Buchcover sitzt der Protagonist Peter als Comicfigur vor seinen 8 Werteheld*innen, die er während seiner Reise als Srum Master antrifft und die ihn weiter begleiten. Illustrationen: Alexander Hoffmann. Stringent wird dies im Layout durchgehalten und ergänzt durch farbige Icons und gestaltete Info-Kästen / Tabellen, die Praxistipps und –

geschichten, Expertenmeinungen und Illustrationen enthalten. Äusserst hilfreich sind die QR-Codes, die kurze Übungen im Video auf der Website agile-werte-leben.de veranschaulichen.

Struktur

Das Buch ist sehr klar und übersichtlich gegliedert. Der Protagonist nimmt den Leser mit auf seine Heldenreise durch den agilen Transformationsprozess seiner Firma – mit allen Höhen und Tiefen. Es bietet in der Einleitung eine verständliche Anleitung zum Aufbau, so dass auch nach Interesse quer gelesen und einzelne Module erfasst werden können, ohne dass die Sinnhaftigkeit verloren ginge.

Verständlichkeit

Die Sprache ist verständlich, einfach gehalten für die komplexe Thematik und erklärt Fachbegriffe ausführlich, sodass auch der Laie sich zurecht finden kann. Ein Glossar ist nicht vorhanden, aber auch nicht notwendig, da die Spielanleitungen selbsterklärend sind. Die Anschaulichkeit der Sprache wird ergänzt durch die bunte Bilderwelt, die für eine visuelle Verankerung sorgt.

Eignung / Nutzen

Das Buch ist geeignet sowohl für spielfreudige Laien als auch für interessierte Experten aus den Bereichen Führung, Training, Coaching, Teambuilding und Personal, die beide Mut und Zutrauen mitbringen sollten, sich zu zeigen unter unsicheren Bedingungen der VUCA-Welt. Dabei kann das agile Mindset auf den Prüfstand gestellt werden, bestehende Werte hinterfragt und Verhaltensweisen erprobt werden, die Vertrauen und Kollaboration gedeihen lassen.

Relevanz

Laura Paradiek und Robert Wiechmann ist ein Buch gelungen, das allen Theater- spielfreudigen Menschen, die die Fähigkeiten ihres Körpers, ihrer Sprache, ihrer Kommunikation, ihrer Intuition und ihres Improvisationstalents erweitern möchten auf der Basis eines agilen Wertesystems.

Diese Fähigkeiten dienen nicht nur den Anforderungen einer agilen Businesswelt, sondern vor allem einer sinnhaften, humanistisch ausgerichteten Persönlichkeitsentfaltung zum Wohle der Gesamtgesellschaft, die den Purpose im Blick hat.

Erscheinungsdatum: 30.01.2020, Seitenanzahl: 268, Verlag: dpunkt.verlag, Einband: komplett in Farbe, Broschur ISBN Print: 978-3-86490-708-1ISBN PDF: 978-3-96088-920-5ISBN ePub: 978-3-96088-921-2ISBN Mobi: 978-3-96088-922-9, Enthält 5% MwSt Preis 32,90 €

Fehlzeiten-Report 2020

Erlebte Gerechtigkeit am Arbeitsplatz beeinflusst die Gesundheit der Beschäftigten

Beschäftigte, die sich von ihrer Führungskraft gerecht behandelt fühlen, weisen weniger krankheitsbedingte Fehlzeiten auf. Diejenigen Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihren Vorgesetzten die besten Noten für Fairness geben, kommen durchschnittlich auf nur 12,7 Arbeits-unfähigkeitstage pro Jahr. Dagegen weist die Gruppe der Berufstätigen, die ihren Chef als eher ungerecht wahrnehmen, im Durchschnitt 15,0 Fehltage auf. Dies ist ein Ergebnis des am Dienstag (29. September 2020) vor-gestellten Fehlzeiten-Reports 2020 des Wissenschaftlichen Instituts der AOKs (WIdO). Dafür wurden 2.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren zu ihrem Gerechtigkeitsempfinden am Arbeitsplatz befragt und die Auswirkungen auf die Gesundheit analysiert. „Gefühlte Ungerechtigkeit bringt dabei insbesondere emotionale Irritationen und psychosomatische Beschwerden mit sich“, sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO und Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports 2020. Nahezu ein Viertel der Beschäftigten, die sich von ihrem Vorgesetzten ungerecht behandelt fühlen, berichtet über Gefühle der Gereiztheit wie Wut und Ärger (23,3 Prozent), rund jeder Fünfte über Lustlosigkeit (21,2 Prozent), Erschöpfung (19,7 Prozent) oder Schlafstörungen (18,1 Prozent). Sogar körperliche Beschwerden wie Rücken- und Gelenkschmerzen (25,8 Prozent) oder Kopfschmerzen (10,2 Prozent) kommen häufiger vor. Im Mittel über alle Beschwerden berichten immerhin 13,0 Prozent dieser Beschäftigten über eine höhere Betroffenheit. Demgegenüber treten diese Beschwerden in der Gruppe, die ihre Führungskraft als fair bewerten, deutlich seltener auf (3,4 Prozent).

Screenshot zur Auswertung.

Schröder: „Die gesundheitlichen Belastungen bei Beschäftigten mit einer als fair empfundenen Führungskraft sind damit nur ein Viertel so hoch wie bei den Beschäftigten mit einer als unfair empfundenen Führungskraft. “Die Befragung zeigt zudem, dass empfundene Fairness des Unternehmens und der Führungskraft mit einer hohen Bindung des Beschäftigten an das Unternehmen einhergeht. Sie fühlen sich im Unternehmen gut aufgehoben, stark verbunden und würden ihr Unternehmen als Arbeitgeber auch weiterempfehlen. „Auch dies ist in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiges Ergebnis: Fairen Betrieben gelingt es eher, hochqualifizierte, selbstständig arbeitende, zufriedene und gesunde Beschäftigte auch dauerhaft an das Unternehmen zu binden“, erklärt Schröder. Ob ein Unternehmen als gerecht oder ungerecht eingeschätzt wird, hängt der Studie zufolge vor allem mit der jeweiligen Führungskraft zusammen, die eine zentrale Scharnierfunktion zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitenden darstellt. Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, unterstreicht daher deren Bedeutung für Krankenstand und gesunde Unternehmenskultur: „Das Handeln von Führungskräften und ihr Umgang mit Beschäftigten beeinflussen das Gerechtigkeitsempfinden der Arbeitnehmerinnen sowie Arbeitnehmer und damit auch deren gesundheitliche Verfassung.“ Aufgrund ihrer Schlüsselrolle nimmt die AOK diese Zielgruppe im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) besonders in den Fokus. Litsch: „Bei den Präventionsangeboten aller gesetzlichen Krankenkassen für die mittlere betriebliche Leitungsebene hat die AOK einen Anteil von 71 Prozent.“ Die Studie zeigt auch, dass als gerecht eingestufte Führungskräfte die Bindung der Beschäftigten ans Unternehmen fördern. So sind es eben nicht nur monetäre Aspekte, weshalb Berufstätige ihrem Arbeitsplatz die Treue halten. „Neben der Bewertung einzelner Entscheidungen hat für Beschäftigte auch die gelebte Unternehmenskultur erheblichen Einfluss, was wiederum Folgewirkungen für die Arbeitgeberattraktivität und die Gesundheit hat. Ein erlebtes Wir-Gefühl stärkt daher die Bindungskraft und erhöht das Vertrauen. Dadurch steigt auch die intrinsische Motivation, Herausforderungen und Krisen gemeinsam zu bewältigen“, erklärt Prof. Dr. Bernhard Badura, Gesundheitswissenschaftler der Universität Bielefeld und ebenfalls Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports 2020. Was für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Job also vor allem zählt, sind Anerkennung, Vertrau-en und eine faire Streitkultur.

Auswertung: Fairness mit weniger Beschwerden verbunden.

Doch genau hier haben viele Unternehmen noch Nachholbedarf: Jedem zweiten Beschäftigten (46,4 Prozent) fehlt es derzeit an gerechten Konfliktlösungen. Wertschätzung im Job vermissen 40,8 Prozent. Und auch die Rückendeckung kommt zu kurz: Rund ein Drittel (32,9 Prozent) der Befragten bemängelt, dass das Unternehmen nicht hinter dem Personal steht. Anerkennung und Wertschätzung – Ressourcen, die AOK-Vorstand Litsch auch mit Blick auf die rund 1,6 Millionen Berufstätigen in den Pflegeberufen hervorhebt: „Die Corona-Pandemie hat uns wieder einmal vor Augen geführt, wie wichtig dieser Berufszweig für unsere Gesellschaft ist. Gleichzeitig sind die Menschen in pflegenden Berufen täglich enormen körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt, was sich in deutlich höheren Fehlzeiten niederschlägt. Es ist daher unsere Pflicht, diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zukünftig noch stärker zu schützen.“ Gemeinsam mit verschiedenen Universitäten hat die AOK daher ein neues, speziell auf die Pflege abgestimmtes BGM-Konzept namens Care4Care entwickelt. Das Programm wird derzeit in verschiedenen Einrichtungen pilotiert.Der Fehlzeiten-Report 2020, der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) in Zusammenarbeit mit der Universität Bielefeld und der Beuth Hochschule für Technik Berlin herausgegeben wird, widmet sich dem Schwerpunkt „Gerechtigkeit und Gesundheit“. In 20 Fachbeiträgen betrachten Experten das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven. „Führungskräfte tragen Mitverantwortung für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden. Informieren sich Topmanagement und Führungskräfte nicht regelmäßig darüber und über die Qualität der Zusammenarbeit in Form einer gesicherten Dateninfrastruktur, beispielsweise mit Hilfe von Routinedaten, Daten aus Mitarbeiterbefragungen oder internen Audits, fehlen Grundlagen zur glaubwürdigen Identifizierung von Handlungsbedarf und zur Dokumentation erzielter Fortschritte“, hebt Prof. Badura die Bedeutung des diesjährigen Fehlzeiten-Reports hervor.

Digitaler Gründungsstammtisch

Am 05.05.2020 sind die CyberOne-Roadshow und ein Freiburger Start-up erstmals in virtueller Form beim First Tuesday

Ein junger Mann arbeitet am Computer
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Im Fokus des First-Tuesday-Stammtischs am 5. Mai 2020 für Gründerinnen und Gründer, Gründungsinteressierte und Digitalschaffende steht der laufende CyberOne Businessplanwettbewerb. Dazu berichtet ein Freiburger Start-up von den Erfahrungen als Finalist des CyberOne Hightech Awards 2019. Los geht es dieses Mal bereits um 17 Uhr. Auch virtuell wird im Anschluss noch Zeit sein, um sich auszutauschen. Eine kostenfreie Anmeldung ist erforderlich, um den Zugangslink zur Veranstaltung zu bekommen.

  • Was: Virtueller Stammtisch
  • Wann: 05.05.2020, 17 – 18:30 Uhr
  • Wo: Online-Format
  • Die Veranstaltung richtet sich an alle Gründerinnen und Gründer, Gründungsinteressierte sowie Digitalschaffende.
  • Veranstalter: Gründungsbüro der Universität und die Wirtschaftsinitiative bwcon
  • Kontaktinformationen:  Fabian Reiß, Telefon: +49 (0) 761/203-5203
  • Eine Anmeldung ist erforderlich.
  • Die Teilnahme ist kostenlos.
  • Die Vortragssprache ist Deutsch.
  • Weitere Informationen

Neue Studie: Algorithmen im Personalmanagement

Rechtsgutachten empfiehlt erweiterte Mitbestimmungs- und Schutzrechte für Beschäftigte

Digitale Technologien ermöglichen eine immer umfassendere Überwachung von Beschäftigten, zugleich übernehmen schwer durchschaubare Algorithmen Aufgaben im Personalmanagement, die bislang Menschen vorbehalten waren. Um Missbrauch zu verhindern, sollte die Mitbestimmung von Betriebsräten ausgebaut werden. Zu diesem Ergebnis kommt ein neues Gutachten von Prof. Dr. Peter Wedde. Zusätzlich rät der Arbeitsrechtler, den Einsatz von Informationen in arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen, die Arbeitgeber unter Verstoß gegen einschlägige gesetzliche Verarbeitungsverbote oder -beschränkungen erlangt haben, gesetzlich zu unterbinden. Die Expertise ist Teil des von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Forschungsprojekts „Automatisiertes Personalmanagement und Mitbestimmung“ unter der Leitung von AlgorithmWatch.

Die Digitalisierung krempelt das Personalmanagement um: Selbstlernende Algorithmen machen es möglich, bestimmte Aufgaben komplett zu automatisieren. Programme können beispielsweise Bewerbungsunterlagen sortieren und geeignete Kandidaten herausfiltern, per Sprachanalyse Interviews auswerten, durch die Analyse von Beschäftigtendaten Empfehlungen für Weiterbildungen oder Kündigungen generieren. Der Rechtswissenschaftler Peter Wedde von der Frankfurt University of Applied Sciences hat sich in seinem Gutachten mit dieser Entwicklung auseinandergesetzt. Seine Empfehlung: „Um Beschäftigte vor den Möglichkeiten und insbesondere vor dem immanenten hohen Kontrollpotential zu schützen, das sich mit KI-Software und mit selbstlernenden Algorithmen verbindet, ist ein Ausbau bestehender Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte durch den Gesetzgeber unumgänglich.“

Wenn Unternehmen in großem Umfang Personaldaten erfassen und von Künstlicher Intelligenz (KI) auswerten lassen, werden dem Gutachten zufolge völlig neue Formen der Überwachung möglich, die mit erheblichen Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte von Beschäftigten verbunden sind. Um zu entscheiden, inwieweit solche Eingriffe zulässig sind, müsse das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre mit den Interessen des Arbeitgebers abgewogen werden. Dabei gelte das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Es sei „im Arbeitsleben nicht alles erlaubt, was geht, sondern nur, was einerseits aus objektiver Sicht erforderlich ist und was andererseits von mehreren Alternativen diejenige ist, die am wenigsten in das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten eingreift.“

Was rechtlich nicht geht, lasse sich unter anderem aus Urteilen zur Zulässigkeit von Videoüberwachung im Betrieb ableiten, schreibt Wedde. Permanente digitale Überwachung der Beschäftigten wäre demnach unverhältnismäßig. Heimliche Kontrollen seien nur dann erlaubt, wenn der konkrete Verdacht auf eine strafbare Handlung oder eine andere schwere arbeitsrechtliche Pflichtverletzung besteht. Im Umkehrschluss heiße das: Arbeitgeber sind verpflichtet, den Beschäftigten die Funktionsweise der eingesetzten KI-Systeme offenzulegen. Die Informationen müssen verständlich, nachvollziehbar und für jeden zugänglich sein.

Auch Betriebsräte haben laut dem Autor in diesem Zusammenhang umfangreiche Informationsansprüche. Denn zu ihren Aufgaben gehöre es, die Einhaltung der zugunsten von Beschäftigten geltenden Gesetze zu überprüfen. Um einschätzen zu können, ob KI-Systeme beispielsweise bestimmte Arbeitnehmer diskriminieren und damit gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoßen, sei eine genaue Kenntnis der eingesetzten Algorithmen nötig.

Wie arbeitet der Algorithmus? Arbeitgeber müssen Informationen geben können

Bisweilen, so der Rechtswissenschaftler, seien Betriebsräte damit konfrontiert, dass Arbeitgeber selbst nicht über die notwendigen Informationen verfügen, weil Anbieter komplexer Personalinformationssysteme ihre Algorithmen geheim halten oder weil die Funktionsweise selbstlernender Software auch den Anbietern nicht mehr vollständig bekannt ist. Dieses Argument sei wenig schlüssig: Arbeitgeber könnten sich nicht auf die Position des Nichtwissens zurückziehen und so Arbeitnehmerrechte und Mitbestimmung aushebeln. „Sie müssen bei der Auswahl von IT-Systemen sicherstellen, dass sie über die hier hinterlegten Algorithmen so umfangreich informiert werden können, dass sie sowohl ihren Arbeitnehmern als auch den zuständigen Betriebsräten die diesen gesetzlich zustehenden Informationen geben können.“

Über die Informationsansprüche hinaus hätten Betriebsräte auch einschlägige wirksame Mitbestimmungsrechte, betont der Jurist. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht beispielsweise vor, dass Arbeitnehmervertreter mitbestimmen können bei der Einführung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, Verhalten oder Leistung zu überwachen.

Um die Rechte der Beschäftigten wirksam zu schützen, empfiehlt Wedde zum einen die Einführung eines gesetzlichen „Beweisverwertungsverbots“ für widerrechtlich erlangte Informationen. Bislang könnten Arbeitgeber solche Informationen für arbeitsrechtliche Maßnahmen nutzen und sogar mit Aussicht auf Erfolg bei einem Prozess vor dem Arbeitsgericht verwenden. Zweitens sollten Arbeitgeber gesetzlich ausdrücklich verpflichtet werden, nur solche Techniken einzusetzen, deren Funktionsweise sie detailliert kennen. Drittens sei ein Ausbau der Mitbestimmungsrechte unumgänglich. Betriebsräte sollten einen Anspruch darauf haben, einen externen Sachverständigen nach eigener Wahl hinzuziehen, wenn es um KI geht. Außerdem brauche es ein Mitbestimmungsrecht zum Datenschutz.

 Weitere Informationen:

Peter Wedde: Automatisierung im Personalmanagement – arbeitsrechtliche Aspekte und Beschäftigtendatenschutz (pdf). Rechtsgutachten, vorgelegt im Rahmen des Projekts „Automatisiertes Personalmanagement und Mitbestimmung“.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website von AlgorithmWatch. Dort gibt es unter anderem einen praktischen Leitfaden für Fragen, die Betriebsräte der Unternehmensleitung möglichst vor der Einführung neuer Systeme stellen sollten, die aber auch zu bereits eingeführten Systeme gestellt werden können. Zusammen mit den Fragen liefert dieser Leitfaden Erläuterungen, wie Antworten einzuordnen sind und was sie beinhalten sollten.

Praxiswissen finden Betriebs- und Personalräte auch in der Analyse (pdf) einer exemplarischen Betriebsvereinbarung zur Einführung eines neuen HR-Management-Systems, die das I.M.U. der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht hat.

Dr. Stefan Lücking
Forschungsförderung, Experte für Digitalisierung und Mitbestimmung

Das einzige Führungsbuch, das Sie im digitalen Zeitalter noch benötigen

Braucht Digitalisierung überhaupt noch Führung oder führt sich nicht jede/r selbst in digitalen Zeiten?

Buchcover - Das einzige Führungsbuch, das Sie in der digitalen Zeit noch benötigen.

Lassen wir für einen Moment den reißerischen Titel des Verlags mal außen vor – und wenden uns den zentralen Begriffen FÜHRUNG und DIGITALISIERUNG zu – zwei Themenfelder, die sich auszuschließen scheinen.

Braucht Digitalisierung überhaupt noch Führung oder führt sich nicht jede/r selbst in digitalen Zeiten?

Bei der konstruktiven Betrachtung dieser Pole fällt dem Autor,Kishor Sridhar, auf, dass es sehr wohl einen Zusammenhang gibt – außer dem antagonistischen.

Es geht ihm um „richtige Führung- nach innen sich selbst gegenüber und nach außen im Team.“

Daher gliedert er das Buch in 6 Kapiteln und beschreibt die veränderte Führung unter Bedingungen der Digitalisierung mit dem Schwerpunkt auf Sinn, Werte und Motivation der Mitarbeitenden (Kap. 1-3) Hier gefällt besonders sein Exkurs über das Storytelling auf 8 Seiten, mit dem er die Methode knapp und anschaulich umreißt.

Wachstum und Change begreift er als Lebensphilosophie, weil sie all unsere Bereiche durchziehen. (Kap.4) Und er entwirft ein Konzept, über Werte und Stärken zu führen.

Dazu führt er im Anhang Fragebögen und Tests an, die Antworten geben auf die Frage: „Welche Führungskraft sind Sie?“, die eine Auswahl an Stärkentests bieten und Fragen bezüglich einer Werteliste aufwerfen die 4 Zielebenen entsprechen.

In Kapitel 5 widmet er sich der Selbsterkenntnis als Führungsprinzip, indem er der Reflexion im Unternehmenskontext einen breiten Raum anbietet. Dazu muss alles auf den Prüfstand und keiner Heiligen Kuh wird aus dem Weg gegangen. Er fordert im Unternehmensalltag Zeitinseln zur Reflexion zu schaffen und den Rebellen im Unternehmen zu installieren. Dadurch entsteht eine kritische Distanz zum Business-Alltag und Routinen und eingefahrene Muster werden so leichter identifiziert und abgebaut.

Auch ermöglichen diese Interventionen, die Führungskraft, das Team und jeden einzelnen Mitarbeiter auf die Ebene der Metakommunikation zu bringen, von der aus weiterführende Erkenntnisse möglich sind.

Im letzten Kapitel 6 wendet er sich dem High-Performance-Leadership zu und zeigt vielfältige Wege auf, diese zu optimieren. Zum einen vertritt er den Ansatz, dass Führungskräfte sich im Team den firmeneigenen Datenströmen zuwenden, um diese zu analysieren und Entwicklungen abzulesen. Zum anderen zeigt er neue Anforderungen an eine komplexer gewordene Kommunikation auf, die sich ausrichtet auf die Spielarten der neuen Generation, Homeoffice-Arbeitsplätzen und dezentralen Teams.

Nur durch die Entwicklung der Mitarbeiter und eine Optimierung der Prozesse kann der Digitalisierung mit guter Führung begegnet werden und eine Erfolgsstory daraus werden.

Kishor Sridhar, Redline Verlag 2019

Hardcover, 272 Seiten Erschienen: Mai 2019 ISBN: 978-3-86881-748-5 19,99 € inkl. MwSt.